Experimente und Projekte, die zum Vermeiden - Vermindern - Verwerten von Problemstoffen und Rückständen in der Schule beitragen.
Die Spannungsreihe der Metalle "klein aber fein"- Ästhetik im Mikrokosmos
Einleitung Die Redoxreihe und die Fällungs- bzw. Verdrängungsreihe der Metalle sind elementare Ordnungsprinzipien für die Einteilung chemischer Reaktionen und begleiten die Schüler daher vom Anfangsunterricht bis in die Oberstufe. Der vorliegende Artikel zeigt, dass eine Erarbeitung dieses wichtigen Themenfeldes auch im Sinne eines Konzeptes zur Minimierung von Substanzen und Kosten erfolgen kann. Die Untersuchung der vorgestellten Zementationsreaktionen unter dem Mikroskop eröffnet den Schülern einen motivierenden und faszinierenden Einblick in den Mikroskosmos der elektrochemischen Metallabscheidung. Neben den gewohnten Versuchen zur Fällungsreihe der Metalle lassen sich auch Aluminium und Wasserstoff überzeugend integrieren. Der Intention folgend nach einem möglichst "Abfallfreien Chemieunterricht" und dem Einsatz von "Low-cost-Experimenten" ergibt sich ferner die Möglichkeit, im Sinne eines fächerverbindenden Unterrichtes Bezüge zur fraktalen Geometrie herzustellen. Sonst eher theoretische Inhalte der Physik und Mathematik können nun durch einfache ästhetische Experimente mit" Leben" erfüllt werden. Alle vorgestellten Reaktionen fahren innerhalb von 2 bis 3 Minuten zu fraktalen, selbstähnlichen Metallaggregaten, die sich sogar mit Hilfe eines Computerprogramms simulieren lassen. Die angegebenen Konzentrationen der Lösungen sind nur Richtwerte und müssen nicht exakt eingehalten werden. Die verwendeten Metalle sollten vorher abgeschmirgelt werden und etwa folgende Maße haben: 1 cm x 0,2 cm. Geräte / Chemikalien: Metallstreifen Magnesium, Pasteurpipette, Objektträger, Mikroskop, Zinksulfat-Lösung, c(ZnS04) = 1 mol/l Durchführung: Man gibt 2 bis 3 Tropfen der Zinksulfat-Lösung auf den Magnesiummetallstreifen und mikroskopiert bei ca. 1 00facher Vergrößerung. Beobachtung / Auswertung: Nach einigen Minuten erkennt man unter dem Mikroskop relativ kleine Zinkbäumchen. Die ablaufende elektrochemische Reaktion kann wie folgt formuliert werden: Mg(s) + Zn2+(aq) Mg2+(aq) + Zn(s) Die Entwicklung von Wasserstoffbläschen gemäß Mg(s) + 2H2O(l) Mg2+(aq) + 2OH-(aq) + H2(g) kann die Ausbildung der Metallbäumchen zu Beginn der Reaktion beeinträchtigen. Geräte / Chemikalien: Metallstreifen Zink, Pasteurpipette, Objektträger, Mikroskop, Zinksulfat-Lösung, c(SnSO4) 0,5 mol/l Durchführung: Man gibt 2 bis 3 Tropfen der Lösung auf den Zinkmetallstreifen und mikroskopiert bei ca. 1 00facher Vergrößerung. Beobachtung / Auswertung: Sofort nach dem Zutropfen der Zinksalz-Lösung entsteht ein dichter "Wald" von metallischem Zinn. Die ablaufende elektrochemische Reaktion kam wie folgt formuliert werden: Zn(s) + Sn2+(aq) Zn2+(aq) + Sn(s) Geräte / Chemikalien: Metallstreifen Aluminium, Pasteurpipette, Objektträger, Mikroskop, Zinnchlorid-Lösung, c(SnCl2) = 0,5 mol/l Durchführung: Man gibt 2 bis 3 Tropfen der Zinnchlorid-Lösung auf den Aluminiummetallstreifen und mikroskopiert bei ca. 100facher Vergrößerung. Beobachtung / Auswertung: Sofort nach dem Zutropfen der Zinnsalz-Lösung entsteht ein dichter "Wald" von metallischem Zinn. Das elektrochemisch sehr reaktionsträge passivierte Aluminium reagiert infolge der oxidschichtabbauenden Chlorid-Ionen [ 1 ] gemäß Al3+ (Oxidschicht) + 4 Cl-(aq) AlCl4-(aq) mit den Zinn-Ionen. Die ablaufende Redoxreaktion kann wie folgt formuliert werden: 2Al(s) + 3Sn2+ (aq) 2Al3+ (aq) + 3Sn(s) Die Entwicklung von Wasserstoffbläschen kann wie in Versuch 2a die Ausbildung der Metallbäumchen zu Beginn der Reaktion beeinträchtigen. Geräte / Chemikalien: Metallstreifen Zink, Pasteurpipette, Objektträger, Mikroskop, Bleinitrat-Lösung, c(Pb(N03)2) = 1 mol/l Durchführung: Man gibt 2 bis 3 Tropfen der Bleinitrat-Lösung auf den Zinkmetallstreifen und mikroskopiert bei ca. 1 00facher Vergrößerung. Beobachtung / Auswertung: 2 bis 3 Minuten nach dem Zutropfen der Bleinitrat-Lösung entsteht ein dichter "Nadelbaumwald" von schwarzem, metallischen Bleikristallen (siehe Abb. 1). Die ablaufende elektrochemische Reaktion kann wie folgt formuliert werden: Zn(s) + Pb2+(aq) Zn2+(aq) + Pb(s) Geräte / Chemikalien: Metallstreifen Zink oder Blei, Pasteurpipette, Objektträger, Mikroskop, Kupfersulfat-Lösung, C(CuSO4) = 1 mol/l Durchführung: Man gibt 2 bis 3 Tropfen der Kupfersulfat-Lösung auf den Zink- bzw. Bleimetallstreifen und mikroskopiert bei ca. 1 00facher Vergrößerung. Beobachtung / Auswertung: Nach 2 bis 3 Minuten entsteht ein wunderschöner strauchartiger Kupferbaum. Der Effekt ist wie zu erwarten bei Einsatz eines Zinkbleches deutlicher. Falls in der Biologiesammlung vorhanden, bietet es sich an, den Kupferbaum mit einem Stereomikroskop zu untersuchen, da bei geeigneter Ausleuchtung das Metallbäumchen in seiner charakteristischen kupferroten Farbe erkennbar ist. Die ablaufenden elektrochemischen Reaktionen können wie folgt formuliert werden: Zn(s) + Cu2+(aq) Zn2+ (aq) + Cu(s) Pb(s) + Cu2+(aq) Pb2+(aq) + Cu(s) Geräte / Chemikalien: Metallstreifen Aluminium, Pasteurpipette, Objektträger, Mikroskop, Kupferchlorid-Lösung, C(CuCl2) = 0,5 mol/l Durchführung: Man gibt 2 bis 3 Tropfen der Kupferchlorid-Lösung auf den Aluminiummetallstreifen und mikroskopiert bei ca. 100facher Vergrößerung. Beobachtung / Auswertung: Sofort nach dem Zutropfen der Kupferchlorid-Lösung entsteht ein dichter "Wald" von metallischem Kupfer. Zu Beginn der Reaktion wird die Ausbildung der Kupferbäumchen durch die Wasserstoffbildung leicht beeinträchtigt. Auch hier wird wie in Versuch 2b das passivierte Aluminium durch die Chlorid-Ionen aktiviert, wodurch das Aluminium die Verhaltensweisen zeigt, die aufgrund des tabellierten Normalpotentials von -1,66 V gegen NHE zu erwarten sind. Die ablaufende Redoxreaktion kann wie folgt formuliert werden: 2AI(s) + 3Cu2+(aq) 2Al3+(aq) + 3Cu(s) Die Entwicklung von Wasserstoffbläschen beeinträchtigt zu Beginn der Reaktion die Ausbildung der Metallbäumchen. Geräte / Chemikalien: Metallstreifen Zink oder Kupfer, Pasteurpipette, Objektträger, Mikroskop, Silbernitrat-Lösung, c(AgN03) = 0,1 mol/l Durchführung: Man gibt 2 bis 3 Tropfen der Silbernitrat-Lösung auf den Zink- bzw. Kupfermetallstreifen und mikroskopiert bei ca. 100facher Vergrößerung. Beobachtung / Auswertung: Sofort nach Zugabe der Silbernitrat-Lösung entstehen Silberbäume mit langen Nadeln (siehe Abb. 2). Auch hier bietet sich die Untersuchung mit einem Stereomikroskop an, da die Bäumchen dann in dem typischen silberfarbenen Glanz erscheinen. Die ablaufenden elektrochemischen Reaktionen können wie folgt formuliert werden: Zn(s) + 2Ag+(aq) Zn2+(aq) + 2Ag(s) Cu(s) + 2Ag+(aq) Cu2+ (aq) + 2Ag(s) Geräte / Chemikalien: Kleine Graphitstücke, 100 ml Becherglas, Gleichspannungsquelle, Kabelmaterial, Pasteurpipette, Objektträger, Mikroskop, verd. Schwefelsäure, Silbernitrat-Lösung, c(AgNO3) = 0,1 mol/l. Durchführung: Man taucht zwei kleine Graphitstücke in verdünnte Schwefelsäure, verbindet sie leitend und elektrolysiert ca. 30 Sekunden bei 5 V. Das mit Wasserstoff beladene Graphitstück (Minuspol) wird auf den Objektträger gelegt. Man gibt 2 bis 3 Tropfen der Silbernitrat-Lösung auf das Graphitstück und mikroskopiert bei ca. 100facher Vergrößerung. Beobachtung / Auswertung: An den Randbereichen des Graphitstücks entstehen wiederum schöne Silberbäume. Molekularer Wasserstoff kann bekanntermaßen keine Metalle aus den entsprechenden Metallsalz-Lösungen ausfällen. An Graphitoberflächen ist der Wasserstoff jedoch atomar chemisorbiert und kann somit in die Spannungsreihe eingeordnet werden. Die ablaufende elektrochemische Reaktion kann wie folgt formuliert werden: 2H(ads) + 2Ag+(aq) 2Ag(s) + H+(aq) Entsprechende Ergebnisse erhält man auch bei der Verwendung von Kupfer- oder Bleisalzlösungen. Wie in der Einleitung bereits angeführt, eröffnet sich mit der mathematischen Modellierung elektrochemischer Abscheidungsprozesse die Möglichkeit, im Sinne eines fachübergreifenden Chemieunterrichtes Bezüge zur fraktalen Geometrie herzustellen. Die Aggregation kleinster Teilchen, wie beispielsweise die in diesem Bericht vorgestellten Zementationsreaktionen, können durch die neuen Erkenntnisse der fraktalen Geometrie eine außerordentliche Neubelebung erfahren. Der Wachstumsalgorithmus der unter den Mikroskop beobachtbaren Strukturen basiert im Kern aus einer Kopplung zufälliger Einflüsse und deterministischer Wachstumsregeln [3, 4].
Der einzelne Fall. Was ist das Besondere? Millionen Fälle. [6] Die Abb. 3 zeigt das Ergebnis einer Simulation, die mit dem Fraktalgeneratorprogramm Fractint erzeugt wurde. Wählt man unter dem Menüpunkt "Fractals" die Option "Fraktal Formula" und klickt den Punkt "diffusion" an, berechnet das Programm ein Fraktal nach der DLA-Methode. Das Programm Fractint kann kostenlos aus dem Internet heruntergeladen werden [7].
Das einfache DLA-Modell von Witten und Sander ist heute vielfältig erweitert worden. Mit verschiedenen mathematischen Veränderungen der Wachstumsalgorithmen sind die Simulationen z.T. erheblich verbessert worden, es sei auf weiterführende Literatur verwiesen [4, 8]. Die Abb. 4 zeigt ein verbessertes Modellcluster nach Kaufman.
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